Die Interessen reichten von der Anlage großer elektronischer Archive über die technische Aufbereitung bis zur ästhetischen Gestaltung elektronischer Ausgaben. Es wurde deutlich, wie sehr sich der Stand der Vorkenntnisse gegenüber den vorangegangenen Veranstaltungen verändert hatte. Alle Anwesenden hatten bereits Erfahrungen im Umgang mit dem Internet gesammelt und verfügten außerdem über grundlegende HTML-Kenntnisse. Hierdurch bedingt, bestanden andere Erwartungen: Die Verarbeitungsmöglichkeiten sollten nicht ausschließlich auf ein gedrucktes Endprodukt hin ausgerichtet sein; vorrangig war eher die Frage nach der Schnittstelle zwischen gedruckter und elektronischer Publikation sowie nach ästhetisch anspruchsvollen WWW-Präsentationsmöglichkeiten.
Die Arbeitsschwerpunkte lagen im Bereich von Urkunden und historischen Quellen, Repertorien, Anlage von übers WWW zugänglichen Textdatenbanken, Editionsprojekte aus dem Bereich der Orientalistik und Ägyptologie mit den entsprechenden Zeichensatz-Anforderungen, Transkription von gesprochener Sprache, grammatische Analysen sowie bibliothekarische Fragen und Themenstellungen aus dem Verwaltungsbereich.
Nach einer Einführung in die Grundlagen von SGML wurden die
TEI-Richtlinien vorgestellt. Grundsätze der Dokumentenanalyse und der
Auszeichnung von Texten wurden erörtert und die Auszeichnung an eigenen
Textbeispielen ausprobiert. Zum Programm gehörten dann weiterführende
Vorträge zu SGML und TEI über komplexe Analysen und Merkmalsstrukturen
sowie Schreibsystemvereinbarungen. Eingeschlossen war die Vorstellung
von SGML-Tools sowie von Verarbeitungsmöglichkeiten. Es bestand
außerdem die Möglichkeit, im PC-Pool selbst mit den Werkzeugen
umzugehen. Im wesentlichen entsprachen damit die Themen des Workshops
den beiden ersten Veranstaltungen (vgl. dazu BI 95/11+12; BI 96/3+4).
XML: eXtensible Markup Language
Als Neuerung wurde XML präsentiert. XML ist ein vereinfachter
Dialekt von SGML, der im November 1996 als draft-Dokument fertiggestellt wurde (siehe http://www.textuality.com/sgml-erb/WD-xml-lang.html).
Das Ziel ist, einerseits, den Zugang zur Erstellung von SGML-Dokumenten
zu erleichtern, andererseits, SGML-Dokumente im WWW anbieten und
verarbeiten zu können. XML ist kompatibel zu SGML, d. h. daß jedes
XML-Dokument gleichzeitig ein vollwertiges SGML-Dokument gemäß dem
ISO-Standard 8879 ist.
Während HTML oder TEI SGML-Anwendungen darstellen, handelt es sich bei XML um ein Derivat. XML ist eine Untermenge von SGML mit einer strengeren, unflexibleren, aber wesentlich einfacheren Struktur. Beispielsweise besteht in SGML die Möglichkeit, durch entsprechende Angaben in der DTD die Endemarkierung zu minimieren. Wird in der DTD angegeben
<!ELEMENT TEI.2 - O (teiHeader, text)>,
so bedeuten die Angaben nach dem generic identifier 'TEI.2', daß eine Anfangsmarkierung des Elements gesetzt werden muß (-), eine Endemarkierung aber auch fehlen darf (Großbuchstabe 'O').
In XML gibt es diese Möglichkeit nicht: Ein Element, das mit einer Anfangsmarkierung beginnt, muß
durch eine Endemarkierung geschlossen werden - außer es handelt sich um
ein leeres Element. Die Syntax kann nicht modifiziert werden (concrete reference syntax).
Diese strenge Syntax bedingt, daß in XML im Grunde keine DTD eigens zum
Dokument dazugeliefert werden muß. Die DTD geht aus dem Dokument selbst
hervor.
Neuer Parser nsgmls
Zusätzlich zu den bisher
verwendeten Tools (siehe BI-Artikel) wurde das neue SGML-Parser-Paket
SP-1.1.1 von James Clark vorgestellt. Dazu gehört nsgmls, die neue
Version des Parsers sgmls, der sich durch eine wesentlich höhere
Geschwindigkeit auszeichnet. Weitere Informationen unter:
http://www.sil.org/sgml/publicSW.html#parsers
Resümee und Ausblick
Die
elektronische Publikation gewinnt in der Diskussion um
geisteswissenschaftliche Editionen zunehmend an Gewicht. Bei der Anlage
neuer Projekte wird sie von vornherein in die Überlegungen einbezogen.
Als Forum für den Austausch zwischen verschiedenen Fächergruppen wurde
der Tübinger Workshop ein weiteres Mal reichlich genutzt. In der
abschließenden Diskussion wurde mehrfach der Wunsch nach einem
weiterführenden Kurs deutlich - nicht ohne daß sehr unterschiedliche
Leitvorstellungen dabei formuliert worden wären. Eine
Folgeveranstaltung wird für 1998 geplant. Einzelheiten und Termine
werden rechtzeitig im WWW unter dem URL http://www.uni-tuebingen.de/zdv/Termine angekündigt.
Annegret Fiebig
fiebig@zdv.uni-tuebingen.de