Um so bemerkenswerter erscheint die Pionierrolle, die dem Universitätsarchiv auf dem Gebiet "EDV und Archiv" nachgesagt wird. Doch beschränkte sich der Anteil des Referenten daran nach eigenen Angaben auf einige frühzeitige zentrale Weichenstellungen, während das Hauptverdienst seinen Mitarbeitern gebührt, namentlich Günther Hell (im Archiv tätig von 1979 bis 1981), Christoph Härtel (1986-1988) und Herbert Steinhart (1991-1997) sowie seit einigen Jahren insbesondere Irmela Bauer-Klöden, nicht zu vergessen auch die Studentischen Hilfskräfte, denen vor allem die Datenerfassung obliegt, weshalb TUSTEP-Kenntnisse seit langem quasi zu den Voraussetzungen für eine Anstellung im Universitätsarchiv gehören.
Eine neue Qualität hat der Einsatz der Datenverarbeitung im Tübinger Universitätsarchiv vor zehn Jahren mit dem Dienstantritt von Dr. Johannes Michael Wischnath gewonnen, zunächst Stellvertreter und inzwischen Nachfolger des Referenten als Archivleiter. Er widmete sich von Anfang an mit Nachdruck den archivischen Erschließungsarbeiten und entdeckte schnell die Vorteile, welche das Medium EDV dabei bietet. Auf seine Vorstellungen und Vorgaben geht insbesondere das Repertorisierungsprojekt ARTUS zurück.
Der zweite Bereich, in dem neben der Beständeerschließung maschinelle Textverarbeitung im Universitätsarchiv Tübingen stattfindet, ist die Herstellung der Veröffentlichungen des Universitätsarchivs unter Anwendung des TUSTEP-Satzprogramms. Dagegen fällt der dritte Applikationsschwerpunkt, der EDV-Einsatz zu archivinternen Verwaltungszwecken, noch nicht ins Gewicht. Er besteht bisher lediglich aus kleinen Hilfsmitteln: dem Aktenplan, dem Geschäftstagebuch sowie der - haushaltsrechtlich irrelevanten, aber nützlichen - Bilanzbuchhaltung für die Archivpublikationen. Die ins Auge gefaßte EDV-gestützte Ausleihverbuchung vor allem der in einem sog. Zwischenarchiv verwalteten, noch nicht archivreifen Personalakten mit einer automatisierten Fristenüberwachung ist bisher über erste Anfänge nicht hinausgekommen. Daß übrigens der Computer natürlich schon längst auch als Schreibsystem unentbehrlich geworden ist, kann bei dem notorischen Mangel an Schreibkraftstellen im Tübinger Universitätsarchiv nicht überraschen.
Im weiteren Verlauf demonstrierte der Referent per Folien mit FORMED das früheste Tübinger Beispiel eines archivischen Erschließungsprojekts, das 1972 erstellte bestands-übergreifende Repertorium über die Forensischen Gutachten der Tübinger Medizinischen Fakultät zwischen 1611 und 1915, zu dem die Daten schon nicht mehr per Lochkarten, sondern auf dem bereits fortschrittlicheren Lochstreifen erfaßt worden waren und dessen Regestenelemente ein ausgeklügeltes Codierungssystem für die vier Indices unterein- ander verknüpfte. Anschließend illustrierten Dokumente aus der Registratur des Universitätsarchivs den EDV-Alltag seit dem ersten Kontakt zum Rechenzentrum am 3. Mai 1972. Dabei kamen archaische Verhältnisse zum Vorschein, als zum Beispiel ein Datensicht- gerät mit allem Drum und Dran noch astronomische 19.602,24 DM kostete (1979) oder OCR-Texte mangels entsprechender Geräteausstattung vor Ort noch an der Universität Ulm eingelesen werden mußten (1984).
Mit dem Dank an das Tübinger ZDV, insbesondere an Prof. Ott und dessen TUSTEP-Abteilung für eine stets unverdrossene Beratung und Unterstützung in 25 Jahren, schloß der Referent und hüllte mit dem Abschalten des Overheadprojektors das Universitätsarchiv Tübingen wieder in das für ein effizientes Arbeiten unerläßliche Dunkel.
Die Erschließung erfolgt im Universitätsarchiv grundsätzlich provenienz- und bestandsbezogen. Zusätzlich zu den "Bestandsrepertorien" ist deshalb als zentrales Recherche-Instrument eine "Beständeübersicht" erforderlich, die den gesamten Inhalt des Archivs systematisch nach Provenienzen in komprimierter Form beschreibt und die jeweils vorhandenen Findmittel nachweist. Mit der Erarbeitung einer solchen Beständeübersicht wurde ebenfalls im Jahr 1988 begonnen und zwar auf der Grundlage des von Volker Schäfer bereits 1972 und 1975 publizierten "Provenienzenverzeichnisses des Universitätsarchivs Tübingen".
Zunächst war beabsichtigt, ausgewählte Bestandsrepertorien und die Beständeübersicht im Druck zu veröffentlichen. Nachdem bis 1993 zwei Repertorien in der Schriftenreihe des Archivs erscheinen konnten, wurde die neue Beständeübersicht im Juli 1997 jedoch stattdessen im Internet zugänglich gemacht: http://www.uni-tuebingen.de/UAT/ . Geeignete Bestandsrepertorien sollen möglichst bald folgen.
Für den Entschluß, die bisherige Konzeption zu ändern und das neue Medium zu nutzen, waren vor allem folgende Gründe ausschlaggebend: Seit ein wesentlicher Teil der älteren und sämtliche neu angelegten Repertorien in Dateiform zur Verfügung stehen, dominiert archivintern die EDV-Recherche. Das Bedürfnis, "klassische" Repertorien mit Konkordanzen und Registern zur Verfügung zu haben, hat damit an Dringlichkeit verloren. Zum anderen entspricht es der Notwendigkeit, die archivische Erschließungstätigkeit als arbeitsteiligen, kontinuierlichen Prozeß so zu organisieren, daß ihre Ergebnisse - auch Zwischenergebnisse - der Öffentlichkeit mit geringem Mehraufwand möglichst zeitnah zur Verfügung gestellt und aktuell gehalten werden können.
Datensatz "Überschrift" (vereinfacht)
#n Überschrift der Stufe n
#k Klassifikation
Datensatz "Titelaufnahme" (vereinfacht)
#x Laufende Nummer
#s Signatur
#t Titel
#u Umfang
#l Laufzeit
#a Alte Signatur
#k Klassifikation
Die erforderlichen Makros wurden 1988 innerhalb weniger Wochen von einer studentischen Hilfskraft geschrieben und sind mit kleinen Modifikationen und Korrekturen bis heute in Gebrauch.
ARTUS-Makros (in Auswahl)
Bis heute wurden im Universitätsarchiv rund 170 Repertorien-Dateien im "ARTUS-Format" angelegt. Das entspricht der knappen Hälfte der vorhandenen, noch aktuellen Repertorien. Diese Dateien sind einheitlich strukturiert, und die ausgedruckten Ergebnisse weisen ein einheitliches Erscheinungsbild auf. Sie repräsentieren jedoch unterschiedliche Erschließungsstufen und -qualitäten, vom Übergabeverzeichnis im Sinne einer Basiserschließung bis zum sorgfältig erarbeiteten Repertorium.
Datensatz "Überschrift" (vereinfacht)
#n Überschrift der Stufe n
Datensatz "Bestandsbeschreibung" (vereinfacht)
#1 Auswahlparameter
#2 Datum der letzten Aktualisierung
#3 Signatur
#4 Provenienz
#5 Bestandsbezeichnung
#6 Benutzungsbedingungen
#8 Zugangsjahr(e)
#9 Umfang
#14 Findmittel (Band-, Kartei-, Datei-Repertorium)
#15 Inhalt
#16 Historische oder biographische Angaben
#17 Bestandsgeschichte
#19 Bemerkungen und Verweise
Die Bestände-Datei wird ständig fortgeschrieben, so daß die Daten immer auf dem letzten Stand am Arbeitsplatz für Recherchen und Auskünfte genutzt werden können. Sie bildet nicht nur die Grundlage für die Internet-Version der Beständeübersicht, sondern auch für eine parallel dazu in einigen wenigen Exemplaren mit dem TUSTEP-Satzprogramm erzeugte, inhaltlich identische Druckfassung. Diese steht zum einem im Findmittelraum des Archivs als Hilfsmittel zur Verfügung, zum andern dokumentiert sie den bei der letzten Aktualisierung erreichten Arbeitsstand.
Die Internet-Präsentation soll bewußt nicht mehr sein als der Ersatz für eine konventionelle Druckpublikation. Deren Schriftbild wurde die Bildschirmdarstellung deshalb auch so weit als möglich angenähert. Auf Graphik und Bilder wurde dabei mit Rücksicht auf die Übertragungsgeschwindigkeit weitgehend verzichtet. Im übrigen entsprechen Layout und Farbgestaltung dem "Uni-Informationssystem", damit die Nutzer, die von dort auf Seiten des Universitätsarchivs gelangen, keinen optischen Bruch empfinden.
Es war rasch deutlich, daß der Datenbestand in die kleinstmöglichen Einheiten zerlegt werden muß, um die Wartezeiten beim Aufruf der Dateien kurz zu halten. Vorwort, Einleitung, die einzelnen Bestandsbeschreibungen sowie der Anhang stehen deshalb jeweils in einer eigenen Datei.
Für das Inhaltsverzeichnis wurde im Hinblick auf Übersichtlichkeit und leichte Benutzbarkeit folgender Aufbau gewählt:
Zwischen diesen Verzeichnissen sind Sprünge von einem Eintrag zum korrespondierenden Eintrag im nächsten Verzeichnis ebenso möglich wie zurück ins übergeordnete Verzeichnis. In Kauf genommen wurde dabei, daß die Dateien etwas größer sind als zunächst geplant.
Bei der Recherche stellt sich dies folgendermaßen dar: Den Nutzern, die von der Eingangsseite (Homepage) die Beständeübersicht anwählen, wird eine Liste der Hauptgruppen angeboten. Von dort ist der Sprung in das Verzeichnis 2 möglich, wo sich zu der gewählten Hauptgruppe auch die Gruppen-Überschriften finden. Je nach Tiefengliederung der entsprechenden Hauptgruppe ist von dort der Sprung in das Verzeichnis 3 mit den Überschriften der Untergruppen oder direkt in das Verzeichnis 4 mit den Bestandsbezeichnungen, von dort wiederum in eine Bestandsbeschreibung möglich. Am Ende einer jeden Bestandsbeschreibung wird dann wahlweise der Sprung an den Anfang der aktuellen, zur vorhergehenden oder der nächstfolgenden Bestandsbeschreibung oder zurück zum Verzeichnis der Hauptgruppen angeboten.
Neben dieser an der Sachgliederung der Beständeübersicht orientierten Vorgehensweise sind auch Volltextrecherchen über sämtliche Internetseiten des Archivs möglich.
Der eigentlichen Datenaufbereitung "auf Knopfdruck" dient ein TUSTEP-Makro, mit dem die Quelldatei von ca. 12.700 Sätzen in folgenden Programmabschnitten bearbeitet wird:
Es bleibt ein dritter Arbeitsschritt: Die vom Programm erzeugten und im Programmablauf in das HTML-Dateiformat umgewandelten Dateien müssen auf den Server des Zentrums für Datenverarbeitung überspielt werden.
aus: Protokoll des 72. Kolloquiums über die Anwendung der EDV in den Geisteswissenschaften am 7. Februar 1998