Wilhelm Ott, Hans Walter Gabler, Paul Sappler
(im Auftrag und in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft Philosophischer Editionen der Allgemeinen Gesellschaft für Philosophie in Deutschland):
EDV-Fibel für Editoren. Stuttgart: frommann-holzboog; Tübingen: Niemeyer 1982.
Es handelt sich bei diesem Korpus um Texte, die zum Gebrauch des Verstorbenen vorzugsweise auf Särgen zur Zeit des ägyptischen Mittleren Reiches (um und nach 2.000 v. Chr.) angebracht wurden und die zwischen den besser bekannten und länger erforschten Textkorpora der Pyramidentexte und des Totenbuches zeitlich und textgeschichtlich in der Mitte stehen.
Die Teiltexte ("Sprüche") sind bis zu mehreren Dutzend Malen belegt, durchschnittlich etwa dreimal. Der Gesamtumfang des Textkorpus, einschließlich der (oft beträchtlich voneinander abweichenden) Mehrfachbezeugungen, liegt bei ca. 600.000 laufenden Wörtern. Zum Vergleich: Das Große Wörterbuch, in internationaler Zusammenarbeit unter der Ägide der deutschen Akademien erstellt, erfaßte im ersten Anlauf Texte im Umfang von ca. 1,5 Millionen laufenden Wörtern, im Endausbau ca. 2,5 Millionen.
Vorarbeiten zum Projekt gehen bis in das Jahr 1963 zurück. Erste Versuche wurden ab 1966 im ehemaligen Deutschen Rechenzentrum durchgeführt. Das derzeitige Projekt wurde im Sonderforschungsbereich 13 in Göttingen im Jahre 1972 begonnen. Der Abschluß des Unternehmens wird noch einige Jahre auf sich warten lassen.
Die Grundprobleme der Erstellung einer Konkordanz mit Hilfe der EDV sind zwei:
Das Problem der Mehrdeutigkeit ergibt sich daraus, daß nur konsonantische Phoneme geschrieben werden, die zur Vereindeutigung der Formen in der Praxis sehr hilfreichen semantischen Elemente jedoch in orthographischer Hinsicht noch nicht in hinreichendem Ausmaß untersucht worden sind.
Zur Lösung des Transkriptionsproblems wurde im vorliegenden Projekt etappenweise ein neues und einigermaßen vollständiges Transkriptionssystem entwickelt. Das Problem der Mehrdeutigkeit wird mit präeditorischen Zusätzen bei der Textaufnahme behoben.
Die gewählte Lösung ist ein Kompromiß. Andere Ägyptologen haben Maximal- bzw. Minimallösungen vorgezogen:
Einige Details zu diesem Projekt:
An Indizes sind geplant: diverse Register, die das Material entsprechend der Orthographie ordnen, rückläufiges Register, Häufigkeitsregister, evtl. morphologische Register.
Es gibt die Möglichkeit, die Konkordanz in Hieroglyphen zu drucken. Dagegen spricht erstens, daß der Platzbedarf hierfür größer ist als für die transkribierte Form. Zweitens hat die analytische, transkribierte Form einen höheren Informationsgehalt, den die Hieroglyphen nicht wiedergeben. Fraglich ist jedoch, ob die Benutzer der Konkordanz bereit sein werden, sich in das Transkriptionssystem einzuarbeiten.
Die EDV-Entwicklung ist schneller als der Fortschritt des
Projektes. Die Einführung neuer Computersysteme erfordert
jeweils einen großen Umstellungsaufwand für die Programme.
Dennoch ist zu hoffen, daß die Investition für die
Erstellung der Computerprogramme und für deren Umstellungen
durch das Ergebnis der Konkordanz gerechtfertigt werden,
wenn sie einmal fertiggestellt sein wird.
Briefe stellen für den Historiker eine der reizvollsten
Quellen dar, da sie im Gegensatz zu anderen historischen
Quellen nicht nur Begebenheiten berichten, sondern in weitem
Umfang auch Motivationen des Handelns enthüllen und
Einblicke in die Gedankenwelt des Briefschreibers geben.
Eine Darstellung der Entwicklung der Psychoanalyse ist
ohne Berücksichtigung des umfangreichen Briefwechsels ihres
Begründers, Sigmund Freud, undenkbar. Freud war zeit
seines Lebens ein glänzender und eifriger Briefschreiber.
Allein aus der Verlobungszeit sind über 2000 Briefe
erhalten geblieben, die ein farbiges und anschauliches
Bild der beruflichen Anfänge Freuds vermitteln. Insgesamt
dürften schätzungsweise 12.000-15.000 Briefe erhalten
geblieben sein, von denen freilich erst ein kleiner Teil
veröffentlicht worden ist.
Um dieses umfangreiche Briefcorpus wenigstens in seinem - an
den verschiedensten und teils entlegenen Stellen -
veröffentlichten Teil der historischen Forschung bequem
zugänglich zu machen, wurde im Jahre 1976 damit begonnen,
eine Konkordanz der Korrespondenz von Sigmund Freud und
seinen Briefpartnern mit Hilfe der EDV zu erstellen. Solche
Briefe sind teilweise als geschlossene Briefwechsel
veröffentlicht worden (auch in verschiedensten
fremdsprachigen Übersetzungen), teilweise in
Zeitschriftenartikeln, teilweise in biographischen Arbeiten
über Freud.
Ziel des Unternehmens war es, Briefe, die mehrfach und an
verschiedenen Stellen (evtl. auch als Übersetzungen)
publiziert wurden, maschinell identifizieren zu können
und auf dieser Grundlage chronologisch oder nach
Partnern geordnete Verzeichnisse herzustellen. Später
sollten diese Verzeichnisse vielleicht noch durch
Sachindices und/oder Regesten ergänzt werden. Bisher wurden
etwa 4500 Briefe mit ca. 7500 Einträgen erfaßt und verarbeitet.
Folgende Punkte werden, soweit eruierbar, aufgenommen:
Beispiele:
Die einzelnen Punkte haben die Steuerzeichen:
Beispiel eines Briefeintrags:
Für häufig vorkommende Namen sind bei der Dateineingabe
eine Reihe von Kürzeln verwendet worden. Diese Kürzel
werden bereits für den ersten Ausdruck aufgelöst.
1. Chronologische Liste der Korrespondenz
Die Briefe werden nach dem Datum geordnet und
durchnumeriert. Die gleichen Briefe sind aber an
verschiedenen Orten veröffentlicht oder auch in
Übersetzungen. In diesem Fall erscheint die Angabe der
Nummer als 1a, 1b, 1c usw.
Gleiche Briefe können immer dann vorliegen, wenn &2 (Datum),
&3 (Empfänger) und &5 (Absender) übereinstimmen. Die
anderen Punkte brauchen nicht übereinzustimmen.
Damit Schreibfehler leichter erkannt werden, wird
automatisch ein Merkzeichen gesetzt, wenn &3
(Empfänger) und &5 (Absender) übereinstimmen, weil das nicht richtig
sein kann. Für die Einordnung unter dem Datum gilt das
oben Gesagte.
Sind am gleichen Tage Briefe an verschiedene
Empfänger geschrieben worden, so wird alphabetisch nach den
Namen des Empfängers geordnet. Sind am gleichen Tage
Briefe an denselben Empfänger geschrieben worden, so müssen
diese Briefe nach der Datumsangabe ein
Unterscheidungszeichen (z.B. I, II usw.) haben.
Für die Einordnung gleicher Briefe, die an verschiedenen Orten veröffentlicht wurden, ist maßgebend das Jahr der
Veröffentlichung unter Punkt 4, wo es in runden Klammern
steht, z.B. Fliess (1950), 56. Hier wird chronologisch
geordnet.
Für die Einordnung gleicher Briefe in
verschiedenen Sprachen gilt: Zuerst kommt die
Veröffentlichung des Briefes in der Originalsprache (&7),
dann folgen die Übersetzungen in der alphabetischen
Reihenfolge der Sprachen.
Bevor das Programm durchgeführt werden kann, müssen nicht
nur die Kürzel aufgelöst sein (da teilweise Kürzel verwendet
wurden, teilweise nicht), sondern auch, wenn Punkt &5
nicht auftaucht, dieser eingefügt werden. In diesen
Fällen ist der Absender immer: Freud, Sigmund.
2. Liste nach Briefwechseln
Die Briefe werden nach Briefwechseln geordnet, z.B.
Briefwechsel Sigmund Freud - Karl Abraham. Hierbei
werden nur die Punkte &2, &3 und &5 ausgedruckt, davor aber die
Nummer, die in Programm 1 vergeben wurde. Der Ausdruck
erfolgt in zwei Spalten, wobei die Briefe von Freud
jeweils links erscheinen, die Briefe an Freud jeweils rechts.
Die verschiedenen Briefwechsel folgen alphabetisch aufeinander;
innerhalb der Briefwechsel wird chronologisch geordnet.
Ein erfahrener Programmierer der Abteilung für literarische
und dokumentarische Datenverarbeitung am Zentrum für
Datenverarbeitung der Universität Tübingen (Kuno Schälkle)
erstellte die für die Herstellung der Konkordanz
erforderlichen Spezialprogramme. Das Schreiben und Austesten
der Programme erforderte etwa 2-3 Wochen Arbeitszeit.
Nach der Entwicklung des Tübinger Standard-Programmpakets
für Textverarbeitung (TUSTEP) konnten alle
Aufgabenstellungen des Projekts auch mit Hilfe dieser
Standard-Programmbausteine gelöst werden. Das Schreiben und
Austesten der dafür notwendigen Parameterkarten
benötigte 2-3 Stunden Arbeitszeit.
Es bot sich damit die konkrete
Möglichkeit eines Vergleichs zwischen Spezialprogrammen und
Standardprogrammen bzw. -programmpaketen.
Besondere Vorteile von Standardprogrammpaketen sind:
Vorteile von Spezialprogrammen:
Spezialprogramme werden infolge ihrer spezifischen Natur in
der Regel mit geringerer Rechenzeit auskommen als
Standardprogramme. Doch zeigte der Vergleich, daß die hier
zu erzielende Ersparnis gegenüber den erheblichen
Einsparungen in der Programmierzeit nicht zu Buche
schlägt und die höhere Optimierung der Standardprogramme
zusätzlich ausgleichend wirkt.
An Standardprogramme ist außer der Forderung nach
vielseitiger Einsetzbarkeit auch die Forderung nach
Kompatibilität zu stellen, d.h. nach Übertragbarkeit an
andere Orte oder auf andere Maschinen mit vertretbarem
Aufwand an Zeit und Personal. Zur Kompatibilität gehört
auch die Möglichkeit der Anschlüsse (Interfaces) für
die Daten-Ein- und Ausgabe, z.B. zu anderen Programmpaketen.
Gerhard Fichtner (Institut für Geschichte der Medizin)
Konkordanz der Korrespondenz von Sigmund Freud.
Zu den
Vor- und Nachteilen von Standard- und SpezialprogrammenI. Das Projekt Freud-Briefe
II. Aufbereitung der Daten
Jeder veröffentlichte Brief wird als eine Einheit
behandelt, die mit dem Steuerzeichen § beginnt.
(Reihenfolge: Jahr, Monat, Tag. Das Jahr wird in arabischen
Zahlen ausgeschrieben, der Monat in üblicher
Weise abgekürzt: Jan., Febr., März, Apr., Mai,
Juni, Juli, Aug., Sept., Okt., Nov., Dez. Der Tag wird in
arabischen Zahlen ohne Punkt geschrieben.)
Das Datum kann unvollständig
sein. Es kann ganz oder teilweise in eckigen Klammern
stehen. Fehlt die Tagesangabe, so wird wie der nullte eines
Monats eingeordnet. Fehlt die Monatsangabe, so wird wie
der nullte Monat eines Jahres eingeordnet.
Ein Datum kann auch lauten: 1915 Jan. Mitte.
Dann wird eingeordnet, als
lautete das Datum: 1915 Jan. 15.
Ein Datum kann auch lauten: vor 1915 Jan. Mitte.
Dann wird zwischen 14. und 15. Januar eingeordnet.
Ein Datum kann auch lauten: nach 1915 Jan.
Mitte. Dann wird zwischen 15. und 16. Januar eingeordnet.
Lautet ein Datum: 1915 Jan. Anfang, so wird vor
dem 1. Januar eingeordnet.
Lautet ein Datum: 1915 Jan. Ende, so wird nach dem Monatsletzten (also wie 32.) eingeordnet.
Lautet ein Datum: nach 1915 Jan. 6, so wird
zwischen 6. und 7. Januar eingeordnet.
Lautet ein Datum: vor 1915 Jan. 6, so wird
zwischen 5. und 6. Januar eingeordnet.
Lautet ein Datum: etwa 1915 Jan. 3, so wird
unmittelbar vor dem 3. Januar eingeordnet.
(Reihenfolge: Familienname, Vorname(n), z.B. Jones,
Ernest oder: Eeden, Henrik van)
Werden mehrere Bezeichnungen angeführt, so sind sie
durch Komma getrennt, z.B.:
K = Karte AK = Ansichtskarte T = Telegramm Gedicht Faksimile Inhaltsangabe K, Inhaltsangabe
&1 Absenderort
&2 Datum (Jahr, Monat, Tag)
&3 Empfänger
&4 Quelle (Verfasser (Jahr), Seitenzahl)
&5 Absender
&6 Art des Schriftstücks
&7 Sprache
§ &1 [Wien] &2 1882 Juli 4 (II) &3 Bernays, Martha &4
Freud (1968), 46 &5 Freud, Sigmund &6 K
III. Einsatz der Programme
IV. Vor- und Nachteile von Standard- und Spezialprogrammen
Diskussion
Eine charakteristische Eigenschaft von Standard-Programmen
ist ihre Eignung zur Lösung von verschiedenen Aufgaben, die
strukturell ähnlich sind. Das Programmsystem TUSTEP
unterscheidet sich von ähnlicher Software vor allem dadurch,
daß es sich nicht um ein in sich abgeschlossenes
einzelnes Programm, sondern um ein Paket von aufeinander
abgestimmten Programmen (Bausteinen) handelt.
(Die Kurzfassungen der Referate wurden von den Referenten zur Verfügung gestellt.)
Zur
Übersicht über die bisherigen Kolloquien