Protokoll des 44. Kolloquiums über die Anwendung der
Elektronischen Datenverarbeitung in den Geisteswissenschaften
an der Universität Tübingen vom 26. November 1988

 

Allgemeine Informationen

1. Forschungsschwerpunkt
Die Förderung des FSP08 läuft Ende 1989 aus. Eine Weiterförderung aus dem Forschungsförderungsprogramm des Landes Baden-Württemberg ist ausgeschlossen. Überlegungen und Gespräche mit dem Ziel, wenigstens die Personalstellen und damit die Weiterentwicklung von TUSTEP und die Unterstützung der Benutzer im bisherigen Umfang zu erhalten, haben noch zu keinem Ergebnis geführt. Im Gespräch ist u.a. die Angliederung der Abteilung für Literarische und Dokumentarische Datenverarbeitung an eine Fakultät, um so über den reinen Dienstleistungsauftrag am ZDV hinausgehend dem Forschungs- und Entwicklungscharakter der Arbeit an TUSTEP besser gerecht werden zu können.
In diesem Zusammenhang gibt es Überlegungen, auch in Tübingen einen Studiengang für linguistische und literarische Datenverarbeitung einzurichten.

2. Hinweis auf Termine
Vom 6. bis 10. Juni 1989 findet die erste gemeinsame Tagung der Association for Literary and Linguistic Computing (ALLC) und der Association for Computers and the Humanities (ACH) als "Sixteenth International ALLC Conference / 9th ICCH Conference" an der University of Toronto in Ontario/Kanada statt.
 

Ludwig Krempl (Seminar für Alte Geschichte, Universität Heidelberg);
Wolfgang A. Slaby (Rechenzentrum, Katholische Universität Eichstätt)

Datenbank zur Lateinischen Epigraphik

1. Die Bedeutung römischer Inschriften für die Alte Geschichte

Jedem Betrachter antiker Monumente fällt auf, daß zu diesen Denkmälern sehr häufig ein Text gehört. Durch Inschriften wird erläutert, wem Bauwerke, Statuen, Grabmonumente gewidmet sind und von wem sie errichtet wurden. Freilich sind sie nicht so leicht lesbar wie literarische Texte. Denn es gibt kaum lateinische Inschriften ohne abgekürzte Namensteile und Worte, und man staunt, was alles z.B. die Buchstaben P P bedeuten können: pater patriae, praefectus praetorio, praeses provinciae, pro praetore, primus pilus, praepositus, publicum portorium, pecunia publica oder publice posuerunt. Schlimmer noch: Sehr viele Inschriften sind so verwittert, daß wir die Buchstaben kaum mehr erkennen können, oder man hat die Buchstaben bereits im Altertum ausgemeißelt. Vor allem aber: Sehr viele Texte sind nur bruchstückhaft erhalten.

Die römische Epigraphik, früher eher aus antiquarischem Interesse betrieben, verdankt ihre Entstehung als Wissenschaft vor allem dem Werk von Theodor Mommsen, als dieser in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts die große systematische Edition der römischen Inschriften begründete, das Corpus Inscriptionum Latinarum (CIL). In dieser bis heute noch nicht abgeschlossenen Sammlung von überwiegend lateinischen Inschriften sind bislang etwa 160.000 Texte publiziert.

Ähnlich wie die Werke der antiken Literatur, Papyrusfunde oder Münzen sind die römischen Inschriften erstrangige historische Quellen. Inschriften waren Medien für die verschiedensten Arten von Information: Eine römische Grabinschrift hatte das Andenken des Verstorbenen so zu verewigen, daß auch seine rechtliche und soziale Stellung, ferner seine Funktion in der gesellschaftlichen Umwelt, also sein "Platz in der Geschichte", von jedermann erkannt werden konnte. Aufgrund der Forschungsergebnisse seit Mommsen läßt sich behaupten, daß unsere heutigen Kenntnisse über Wirtschaft, Sozialordnung, Verfassung, Verwaltung, Politik, Heeresorganisation, Sprachen, Religion und Mentalität im Imperium Romanum ohne den Beitrag der Epigraphik unvorstellbar wäre.

2. Die Notwendigkeit einer Datenbank

Die riesigen Datenmengen in der römischen Epigraphik sind heute kaum mehr zu überblicken. Zu den in den Bänden des CIL enthaltenen 160.000 Texten kommen - zusammen mit den für Roms Geschichte wichtigen griechischen Inschriften - noch mehr als 100.000 weitere Texte, vor allem Neufunde. Auch heute findet man bei Ausgrabungen, ferner bei Stadtsanierungen oder Straßenbauarbeiten allein in Italien Jahr für Jahr tausend, im Gebiet des römischen Weltreiches mehr als doppelt so viele Inschriften. Aufgrund der Vielfalt der Erkenntnismöglichkeiten leuchtet unmittelbar ein, daß eine leicht zugängliche Sammlung der wichtigen Inschriften eine nicht zu unterschätzende Arbeitserleichterung darstellen würde. Die Auswertung der römischen Inschriften ist allerdings dadurch erschwert, daß sie in vielen Tausenden methodisch und qualitätsmäßig sehr unterschiedlichen Fachbüchern und Fachzeitschriften aus zahlreichen Ländern veröffentlicht wurden und sich durch Neufunde ständig vermehren.

3. Die Datenbank für lateinische Epigraphik in Heidelberg

Mit dem Aufbau einer Datenbank für lateinische Epigraphik, die dank der Förderung durch die DFG, nämlich durch die Verleihung des Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Preises an Prof. Dr. Géza Alföldy, ermöglicht wurde, konnte am l. Juli 1986 am Seminar für Alte Geschichte der Universität Heidelberg in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Manfred Clauss (Berlin, früher Eichstätt) und dem Leiter des Rechenzentrums der Kath. Universität Eichstätt, Dr. Wolfgang A. Slaby, begonnen werden.

Die Datenbank in Heidelberg umfaßt die inschriftlichen Quellen für die Geschichte Roms nicht nur aus einem begrenzten Gebiet, sondern aus möglichst allen Teilen des Imperium Romanum. Nahziel des Vorhabens ist, alle im internationalen Fachorgan Année Epigraphique ab 1888 jährlich erfaßten lateinischen Inschriften (ca. 25.000 Dokumente) zu bearbeiten. Das Fernziel liegt darin, möglichst alle lateinischen und griechischen Inschriften des römischen Weltreiches zu erfassen. Somit wird nicht nur eine rasche Orientierung in der Fülle dieses Materials ermöglicht, sondern auch lückenhafte Texte sind leichter als bisher zu ergänzen. Einzelne Informationen sind durch die sofortige Abrufbarkeit aller Parallelen und ergänzender Daten unvergleichlich schneller und präziser als sonst möglich in den historischen Kontext einzuordnen. Solche Aufgaben konnten mit konventionellen Mitteln oft nur durch einen großen Arbeitsaufwand gelöst werden.

Gespeichert werden in der Datenbank nicht nur die Texte der Inschriften, sondern alle Informationen (bis zu 300 pro Inschrift), die sich auf den Inhalt der Texte und den Inschriftenträger beziehen. Durch die Speicherung dieser sonst unüberschaubaren Datenmengen und durch die Möglichkeit, sie beliebig miteinander zu kombinieren, wird ein neues Instrumentarium für die Erforschung der Geschichte des Imperium Romanum geschaffen.

4. Die Eingabe der Inschriften

Die Erfassung der Daten beginnt mit der Erstellung von Karteikarten für jede in der Année Epigraphique veröffentlichte Inschrift, indem auf die ursprüngliche(n) Originalpublikation(en) zurückgegriffen wird; evtl. werden auch noch weitere Publikationen (bes. für Fotos und Zeichnungen) herangezogen. Auf diese Weise können Fehler in der Lesung und im Kommentar verbessert werden.

Die Karteikarten dienen als Grundlage für das Ausfüllen der sog. Laufzettel, die sämtliche Informationen zum Inschriftenträger und zum Inschriftentext enthalten. Ein solcher Laufzettel wird für die in die Datenbank einzugebenden Inschriften nach den im Handbuch für die epigraphische Datenbank festgelegten Konventionen ausgefüllt.

Sämtliche Informationen des Laufzettels werden über eine 5-seitige Bildschirmmaske am PC eingegeben. Die Struktur des Laufzettels entspricht dabei dem Eingabeformular am PC.

Der Text der Inschrift wird in eine gesonderte Datei geschrieben. Ein speziell für die Inschriftentexte erstelltes Programm erzeugt aus dieser Textdatei zwei Varianten: Die eine gibt den Text mit sämtlichen Auflösungen der Abkürzungen und möglichen Ergänzungen wieder, die andere enthält den Text so wie er auf dem Stein erscheint, eine Art Computer-Faksimile. Beide Textvarianten werden in einem gesonderten Arbeitsgang in die Datenbank "implantiert".

Über Filetransfer werden sämtliche Daten im Speicher des Großrechners der Universität Heidelberg abgelegt.

5. Der Einsatz des relationalen Datenbanksystems ORACLE

Auf der Grundlage des relationalen Datenbanksystems ORACLE wurde eine Datenbank-Applikation entworfen, die zu jeder gespeicherten lateinischen Inschrift eine Vielzahl von Informationen verwaltet und zueinander in Beziehung setzt. Diese Informationen sind in acht verschiedenen Tabellen organisiert.

6. Zur Auswertung

Mit der als internationaler Standard für relationale Datenbanken festgelegten Kommandosprache SQL lassen sich die in den verschiedenen Tabellen gespeicherten Informationen auf vielfältige Weise kombinieren: So können die in der Baetica gefundenen Inschriften für Ritter ebenso rasch ermittelt werden wie Inschriften aus der Provinz Mauretania Tingitana, die legiones beschreiben und in denen der Gott Sol Invictus Mithras genannt ist. Auch das Bildschirmformular, das auf fünf Seiten zu jeder gespeicherten Inschrift sämtliche erfaßten Informationen anzeigt und vor allem für die Erfassung und Korrektur der zu einer Inschrift gehörenden Daten eingesetzt wird, läßt sich darüber hinaus (in eingeschränktem Maße) auch für die Recherche verwenden.
 

Hubert Cancik; Jörg Rüpke (Philologisches Seminar)

Römische Religionsgeschichte. Eine Quellensammlung und die Möglichkeiten ihrer Auswertung

A. Gegenstand, Methode, Ziele

1.
Die empirische Religionswissenschaft beschreibt und analysiert die religiösen Handlungen von Menschen, die diese zu bestimmten Gelegenheiten und an bestimmten Orten, mit besonderen Geräten, Gesten, Symbolen, allein oder in Gruppen ausführen, oder, bei historischen Religionen, ausgeführt haben. Im letzten Falle sind nicht eigene Beobachtungen, sondern die architektonischen, künstlerischen, handwerklichen Überreste und die epigraphischen oder literarischen Berichte von Teilnehmern über ihre Handlungen die Quellen zur Rekonstruktion der betreffenden Religion.

Eine Sonderstellung unter den Quellen haben die normierenden oder interpretierenden Berichte von Kultfunktionären oder fremden Beobachtern der religiösen Handlungen, ihrer Symbole, Gebärden, Worte. In diese Berichte gehen zahlreiche Wünsche und Theorien ein, wie der Kult ablaufen soll, fiktive Erinnerungen und Konstruktionen von "Urgeschichte", in denen alles voller Götter war und die Menschen wirklich fromm. Die Kultfunktionäre, die Antiquare, die philosophischen Kritiker und Reformer formulieren ihre Erwartungen, Vorschriften, Aufgaben, die nicht mit der wirklich praktizierten Religion übereinzustimmen pflegen. Sie sind nicht (nur) Beobachtungen, sondern dienen als Anleitung, Korrektiv, zu Propaganda oder Polemik.

Das Fehlen unmittelbarer Beobachtung, die Herkunft sehr vieler Zeugnisse aus den Kreisen von Kultfunktionären, Theologen, Philosophen sowie die Lückenhaftigkeit des Materials verführen zur Kumulation der Zeugnisse und "Gesamtschau", zu Archaismen und zur Isolierung der Religion von der Geschichte. Das Wesen der Götter ist, so scheint es manchmal, besser erforscht als das Handeln der Menschen; die Mythen und Bilder der Götter sind bekannter als die kultische Praxis des Alltags, die der religiösen Eliten und der großen Feste mehr als das Normale und der Durchschnitt.

Viele Religionshistoriker erliegen der "holistischen Versuchung"; in einer chronologisch nicht gegliederten Frühzeit werden möglichst viele Zeugnisse versammelt und zu einer Synthese verbunden. Von dieser frühen, ursprünglichen Religion aus kann dann die tatsächliche Religionsgeschichte nur als ein permanenter Abfall gedacht werden.

2.
Die Sozialgeschichte der römischen Religion versucht, konsequent empirisch und historisch zu arbeiten. Das Ziel ist die Rekonstruktion der tatsächlich praktizierten römischen Religion, bezogen auf die wichtigsten sozialen Kategorien (Geschlecht, Alter, Beruf/Tätigkeit, Schicht, Klasse, Bildung; Herkunft/Nationalität; Wohngemeinschaft, Berufsverein; Militär; Unfreie/Freie, Fremde/Bürger u.a.). "Geschichte der Religion unter sozialwissenschaftlichem Aspekt" heißt: Darstellung von Strukturen und Prozessen der gesellschaftlichen Bewegungen im Hinblick darauf, wie Religion aktiv oder passiv daran beteiligt ist. Hierzu ist eine breite Erfassung zumal der epigraphischen, numismatischen und archäologischen Daten nötig.

3. An drei Beispielen seien Methode und Ziel veranschaulicht:

3.1 Temporalisierung (Verzeitlichung)
Die römische Religion soll nicht nur als System von Riten, Dogmen, Orten, Geräten, Gebäuden, Institutionen erfaßt werden, sondern in ihrem Vollzug, als Praxis der Menschen, als Prozeß. Dazu genügt nicht die Rekonstruktion des Ritus an sich. Gefragt ist vielmehr, wie oft, wann und wo der Ritus vollzogen wurde, wer daran teilnahm, wer als Augenzeuge berichtet, wer nur antiquarische Tradition fortschreibt. So werden nicht die Systeme der antiken Theologen erforscht, sondern die praktizierte Religion.
Konkret: Wie oft wurden die Matralia gefeiert? Wer berichtet als Teilnehmer? Wann wurden zum letzten Mal die Vestalia gefeiert? Wer hat die Equirria gesehen?

3.2 Regionalisierung (Verräumlichung)
Die zu einem bestimmten Zeitpunkt praktizierte Religion steht in einem bestimmten räumlichen Zusammenhang, der die Praxis bedingt und modifiziert. Zwar ist die römische Religionsgeschichte - im Unterschied zur griechischen - die Geschichte einer relativ stark zentralisierten, von einer einzigen (Groß-) Stadt organisierten Religion, die es als "stadtrömische Religionsgeschichte" zu erfassen gilt. Die einzelnen Regionen Italiens, die römischen Kolonien, die allmählich sich romanisierenden Städte von Bundesgenossen haben jedoch ihre religiöse Geschichte, die in ihrer Eigenart erfaßt werden kann.
Konkret: Pisaurum (Pesaro); Colonia Agrippina (Köln).

3.3 Personalisierung (Prosopographie)
Die prosopographische Erschließung der römischen Geschichte hat durch die neueren Arbeiten von Althistorikern und Epigraphikern große Fortschritte gemacht. Diese Ergebnisse müssen auf die Religionsgeschichte, gerade wenn sie sozial- und kulturgeschichtlich orientiert ist, bezogen werden.

Die Erstellung "religiöser Biographien" erscheint, besonders im Bereich der Militärreligion, möglich. Der religiöse Alltag, der "Durchschnitt" des "normalen" Römers, die tatsächlich ausgeübte Religion soll erkannt und von den Maximalforderungen der Kultfunktionäre und den erbaulichen Rekonstruktionen von romantischen oder reformbewußten Gelehrten - der Antike und der Neuzeit - abgehoben werden. Erst dann kann die Bedeutung, die Religion für die gesellschaftliche Integration, für Stabilität, Identität, Sinnvorgaben, Motivation, Normierung, oder wie die Formeln sonst heißen mögen, gehabt hat, genauer bestimmt werden.
Konkret: An wieviel Opfern hat ein römischer Bürger im Rom des 1. Jh. v. Chr. teilgenommen?

4.
Es geht in der geplanten Quellensammlung also nicht nur um die möglichst vollständige Aufnahme der bekannten und der nach Wissowa, Altheim, Latte u.a. neu entdeckten Quellen, sondern vor allem um eine andere Gewichtung und Strukturierung dieser Daten. Vollständigkeit des Materials anzustreben heißt also gerade, der "holistischen Versuchung" nicht nachzugeben. Das Fernziel ist eine Darstellung der römischen Religion, die gemäß der Tradition der "Tübinger historischen Schule" entschieden sozialgeschichtlich begründet und als Teil von Kulturgeschichte verstanden ist.
 

B. Die Datensammlung "Quellensammlung zur römischen Religionsgeschichte" und das Pilotprojekt

1. Projekt

Das Pilotprojekt einer Quellensammlung zur römischen Religionsgeschichte konnte im Herbst 1988 mit einem Umfang von etwa 3.200 Datensätzen abgeschlossen werden. Entstanden in Anlehnung an eine Dissertation und erprobt in zwei Hauptseminaren, war das Ziel, Möglichkeiten einer EDV-unterstützten Datensammlung auszutesten, die das Material für Arbeiten in der römischen Religionsgeschichte bereitstellt. Die bisherigen Ergebnisse haben unseren Weg bestätigt; wir bemühen uns um die finanzielle Absicherung eines deutlichen Ausbaus.

2. Grundoptionen

  1. Die Quellensammlung muß über literarische Quellen hinausgehen, letztlich alle Quellengattungen erfassen können.
  2. Sie muß in ihrer Struktur für die unterschiedlichsten Fragestellungen offen sein, insbesondere Temporalisierung, Regionalisierung und Personalisierung ermöglichen.
  3. Die Datensammlung soll, wo sinnvoll, die Quellen selbst enthalten - eine bislang im graphisch-bildlichen Bereich nicht eingelöste Forderung.
  4. Der Weg von der Datensammlung zu publikationsfähigen Aufbereitungen soll kurz sein.
  5. Die Quellensammlung soll als Arbeitsinstrument jederzeit allgemein zugänglich und als Rahmen für unterschiedliche Teilprojekte (Magisterarbeiten, Dissertationen, spezielle Arbeitsvorhaben) benutzbar sein.
  6. Die notwendigen Programmierkenntnisse müssen einigermaßen schnell erwerbbar sein; eine entsprechende Begleitung (Beratungsmöglichkeiten) muß gewährleistet sein.
  7. Aus diesen Erwägungen heraus entschieden wir uns für TUSTEP.

3. Datenstruktur

Die Gliederungsstruktur der Daten wird hier an einem konkreten Beispiel vorgestellt (in runden Klammern ist jeweils der Inhalt der Kategorie angegeben). Die Daten werden teilweise in normierten Kürzeln eingegeben. (Zielort: Ort der Handlung etc.)(Funddatum): 1931c
@1 (Lfd. Nummer): 2672
@2 (Person): g = Iuppiter Dolichenus1; Ulpius Marianus2; Aurelius Priscus3; <g=> Securitas
@3(Funktion): SIGF2; bucinator3
@4(Objekte)
g: (Kultgerät)
k: (Kultgegenstände)
o: (Orte)
z: (Sonstiges): SIG-Bewachung; Morgenbericht
@5(System: Handlungen/Vorstellungen)
g: (Gesten)
j: (Jahreskreis: kalendarisch fixierte Riten/Feste; Zeit)
r: (Riten)
t: (Theologumena)
z: (Sonstiges): Losungswort
@6(Freie Rubrik 1: Kriegsstadien): IC
@7-9(Freie Rubriken 2-4)
@10(Quelle): pRMR 50,1 (pP.Dur.089)
@11(Inhalt): (1) [Aurel G]ermanus ord principis admissa ...
@12(Quellendatum): +239 .05.27-28
@13(Quellenort: Herstellungs-/Aufstellungsort)
@14(Zieldatum): +239 .05.27-28
@15
@16
@17(Fundort: wenn von @13 abweichend)
@18(Fundumstände)
@19(Gegenstand: Beschreibung, Material, Maße)
@20(Sekundärliteratur)
@21(Fotos)
@25(Standort: heutiger Aufbewahrungsort)
@30(Kommentar)

Die Formalisierung der Interpretation erfolgt durch die Verteilung von Stichworten auf einzelne Kategorien (@2-9). Die Stichworte sollen einerseits textnah sein, um zur Differenzierung in großen Datenmengen beizutragen, andererseits bedürfen sie einer gewissen Einheitlichkeit, um ähnliche oder identische Phänomene unabhängig von ihrer sprachlichen oder bildlichen Realisierung in den Quellen auch gemeinsam erfassen zu können.

Mit dem hier gewählten Verfahren der Aufgliederung der Kategorie "Inhalt" soll zum einen gewährleistet werden, daß die Indices der verwendeten Stichworte nicht zu umfangreich werden und als heuristische Mittel verwendbar bleiben. Zum anderen sollen Verknüpfungen nicht nur über identische Stichworte, sondern auch über Funktionen eines einfachen Handlungsmodells von Religion möglich sein. Entsprechend werden die beschreibenden Stichworte auf die Kategorien "Person" (incl. Status), "Funktion", "materielle Objekte und Instrumente" und "Handlungen/Vorstellungen" aufgeteilt. Diese Kategorien sind selber noch einmal in Unterkategorien gegliedert.

In dem Bereich der "äußeren Beschreibung" (ab@12) werden die Daten z.T. auch durch Interpretation erhoben (Datierung). Bei einheitlichen Gattungen würden weitergehende Klassifikationen - z.B. bei Münzen: Gewicht, Metall, Größe, Umlaufspuren - möglich. Gerade das letztgenannte Merkmal könnte auch für religionsgeschichtliche Forschungen interessant werden, etwa in Fragen nach der Abnutzung von Kultbildern oder Kultgeräten. Dennoch ist hier eine Beschränkung der Kategorien notwendig. Das Raster muß nicht alle Fragen der Altertumswissenschaft beantworten, aber alle Quellengattungen erfassen können.

4. Eingabe

Die Eingabe der auf Erfassungsformularen gesammelten Quellen erfolgt direkt am Großrechner oder dezentral an PCs; bei der Angliederung an die Hauptdatei wird die Syntax automatisch überprüft und eine laufende Nummer zugeteilt. Das gewählte Verfahren der Stichwortvergabe verlangt einen gewissen Aufwand in der Datenpflege; hier kommt den kategorieweise erstellten Registern eine wichtige Rolle bei der Vereinheitlichung zu.

5. Benutzung

Ein zentraler Gedanke beim Aufbau der Datensammlung war es, die Benutzermöglichkeiten so zu gestalten, daß ein Rückgriff auf die gespeicherten Informationen auch ohne oder mit geringen EDV-Kenntnissen möglich ist. Daher ist ein erster Zugriff bereits über ausliegende Ausdrucke der Daten (durch Register erschlossen) sowie einen nach Jahr oder Datum geordneten Dokumentenausdruck möglich. Darüberhinaus gibt es verschiedene Auswertungsroutinen direkt am Terminal bzw. zur Erstellung von Datenausschnitten nach bestimmten, vielfältig kombinierbaren Kriterien (Stichworte, Zeiträume, Ort). Die Ausgabe von Indices zu angegebenen Stichworten nach dem key-word-in-context-Prinzip wird ebenfalls angeboten. Die Erstellung weiterer Auswertungslösungen zu individuellen Problemen stellt unter TUSTEP kein Problem dar; diese Flexibilität soll der Quellensammlung jene vielfältige Benutzung sichern, die wir uns erhoffen.

 
(Die Kurzfassungen der Referate wurden von den Referenten zur Verfügung gestellt.)


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Übersicht über die bisherigen Kolloquien
tustep@zdv.uni-tuebingen.de - Stand: 22. August 2003