Im Mittelpunkt der Arbeit der Abteilung "Datenverarbeitung
und Editionen" des Faches Philosophie an der Universität
Trier steht die Erschließung philosophischer Texte
insbesondere der deutschen Aufklärung
(Christian Wolff, Johann Heinrich Lambert, Georg Friedrich
Meier, Immanuel Kant, Markus Herz) (1.);
daneben werden aber auch Werke modernerer Philosophen (u.a.
Martin Heidegger (2.)
und Edmund Husserl) mit Hilfe der EDV erschlossen.
Die Erschließungsziele divergieren, entsprechend kommt die EDV in
verschiedenen Formen zum Einsatz; hier können nur prototypisch zentrale
Fragestellungen philosophie-historischen Arbeitens genannt und der jeweilige
EDV-unterstützte Lösungsansatz skizziert werden. Zu den Ergebnissen
verweise ich auf die beigegebene Literaturauswahl.
In drei zentralen Disziplinen der philosophie-historischen
Forschung hat sich der Einsatz von EDV bewährt:
Zu 1: Hier kommen texterschließende Listen zum Einsatz,
die eine chronologische Würdigung eines philosophischen Begriffs bei einem Autor
ermöglichen und damit - im Vergleich und in der Zusammenschau mit den
Ergebnissen entsprechender Untersuchungen zu weiteren
Autoren - zu einem vertieften Verständnis führen können (3.).
Zu 2: Die Datierung von Texten, deren Abfassungszeit nicht zureichend
gesichert ist, wird mit Hilfe der Wortstatistik möglich. Zwar sind die
Methoden der Wortstatistik älter als die Datenverarbeitung und unabhängig
von ihr entwickelt worden; die computer-unterstützt erstellten Indices
jedoch machen sprachliche Eigentümlichkeiten allererst sichtbar. Indices
zu Textcorpora sowie synoptisch und chronologisch angelegte
Verteilungslisten des begrifflichen Inventars bilden den Ausgangspunkt
für immer neue Sprachbeobachtungen. Die EDV schafft erstmals die
Möglichkeit, eine Vielzahl von sprachlichen Eigenheiten eines bestimmten
Textcorpus gleichzeitig zu erfassen und damit die
Sprachentwicklung in ihrer ganzen Breite nachzuzeichnen.
Zu 3: Auch für die vielschichtigen Fragen der Quellenanalyse werden die
genannten Hilfsmittel der EDV verwendet, ergänzt allerdings um ein im
engeren Sinne hermeneutisch orientiertes und die Gesamtuntersuchung
leitendes Verfahren, das die ideen- und
problemgeschichtlichen Aspekte mitberücksichtigt.
Hier zeigt es sich, daß die traditionellen Gelehrtentugenden
einerseits und die Arbeit mit dem Rechner andererseits nicht gegeneinander
ausgespielt werden dürfen. Beide sind vielmehr untrennbar aufeinander
angewiesen. Denn: Ohne die philologisch-historisch geschulte Vertiefung in
die Texte bleibt die Anwendung der EDV im Bereich der
Geisteswissenschaften letztendlich unbefriedigend.
1. Näheres siehe: Norbert Hinske:
Arbeitschwerpunkte und Forschungsvorhaben der Abteilung
für elektronische Datenverarbeitung des Faches Philosophie
der Universität Trier.- In: RES, III o
Colloquio Internazionale, Roma 1980 (= Lessico Intellettuale
Europeo, Bd. XXVI), S. 525 ff.
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2. Vgl. Rainer A. Bast, Heinrich P. Delfosse:
Handbuch zum Textstudium von Martin Heideggers
"Sein und Zeit",
Bd. 1: Stellenindices. Philologisch-kritischer Apparat,
Stuttgart-Bad Cannstatt 1980.
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3. Norbert Hinske: Kants neue Terminologie und ihre
alten Quellen. Möglichkeiten und Grenzen der elektronischen
Datenverarbeitung im Felde der Begriffsgeschichte.-
In: Akten des 4. Internationalen Kant-Kongresses
Mainz, 6.-10. April 1974, Teil 1 [Kant- Studien 65 (1974)
Sonderheft], S. 68*-85*.
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Delfosse, Heinrich P.; Krämer, Berthold; Reinardt, Elfriede:
Hinske, Robert:
Hinske, Robert:
Hinske, Robert:
Hinske, Robert:
Hinske, Robert:
Hinske, Robert:
aus:
Protokoll des 49. Kolloquiums
über die Anwendung
der EDV in den Geisteswissenschaften am 7. Juli 1990
Auf die Möglichkeiten der EDV für die Konjekturalkritik und die
Klärung von Echtheitsfragen sei hier nur am Rande verwiesen.
Anmerkungen
Literaturauswahl
Delfosse, Heinrich P.:
Indexformen und ihre Funktion. Hinweise zur
computerunterstützten Texterschließung und Editionsphilologie.- In:
Allgemeine Zeitschrift für Philosophie 3 (1980) S. 29-44.
Wolff-Index. Stellenindex und Konkordanz zu Christian
Wolffs "Deutsche Logik".- In: Forschungen und Materialien
zur deutschen Aufklärung [= FMDA], Abt. III, Bd. 19, hrsg.
von Norbert Hinske. Stuttgart-Bad Cannstatt 1987. XLI, 630 S.
Lambert-Index. Erstellt in Zusammenarbeit mit Heinrich P. Delfosse.
Kant-Index. Bd. 1: Stellenindex und Konkordanz
zu Georg Friedrich Meier "Auszug aus der Vernunftlehre".
Erstellt in Zusammenarbeit mit Heinrich P. Delfosse und
Heinz Schay. Stuttgart-Bad Cannstatt 1986
[FMDA Abt. III, Bd. 5]. XLII, 584 S.
(Weitere Bände sind in Vorbereitung.)
Kant-Index. Bd. 14: Personenindex zum Logikcorpus.
Erstellt in Zusammenarbeit mit Heinrich P. Delfosse und Elfriede Reinardt.
Stuttgart-Bad Cannstatt 1991 [FDMA Abt. III, Bd. 18]
Die Datierung der Reflexion 3716 und die generellen
Datierungsprobleme des Kantischen Nachlasses. Erwiderung auf
Josef Scmucker.- In: Kant-Studien 68 (1977) S. 321-340.
Kant per Computer. Einsatzmöglichkeiten der
elektronischen Satenverarbeitung im Bereich der
Geisteswissenschaften.-
In: Neue Deutsche Hefte 1 (1987) S. 106-113.
Reimarus zwischen Wolff und Kant. Zur Quellen- und
Wirkungsgeschichte der "Vernunftlehre" von Hermann Samuel Reimarus.-
In: Logik im Zeitalter der Aufklärung. Studien zur
"Vernunftlehre" von Hermann Samuel Reimarus, hrsg. von Wolfgang Walter und Ludwig Borinski
(= Veröffentlichung der Joachim Jungius-Gesellschaft der
Wissenschaften Hamburg, Nr. 38), Göttingen 1980, S. 9-32.